Glossar

Klärung zentraler, häufig gebrauchter Begriffe.

bio-psycho-sozialer Ansatz: ein Ansatz, der in der Beratung, Fortbildung, Therapie und Er-ziehung die Forschungsergebnisse der Biologie, besonders der Neurobiologie (der Hirn-forschung), der Psychologie und der Sozialwissenschaften beachtet.

Emotionen, Affekte, Gefühle: Emotion betont von seiner lateinischen Wurzel "movere“ (bewegen) her gesehen den Aspekt des Bewegt- und Ergriffenseins. Das Wort "Affekt" hat die Wurzel im lateinischen Verb „afficere“ (anmachen, anrühren) und meint dasselbe wie Emotion. Im alltäglichen Sprachgebrauch bezeichnet „Affekt“ die durch einen heftigen Reiz ausgelöste heftige Emotion (z. B. Schmerzschrei). Der Begriff "Gefühl" ist im Gegensatz zum Affekt eine schwächere Form des Bewegt- und Ergriffenseins, die dem Denken und Erinnern nahe liegt und das Sprechen über Emotionen und Affekte ermöglicht.

Emotionen, Gefühle, Affekte sind kein verzichtbarer Luxus. Sie sind wichtig für die Anpassungsleistungen im privaten und beruflichen Alltag und gehören untrennbar zu den Mechanismen der Lebensbewältigung. Angenehme und unangenehme Emotionen, Gefühle und Affekte sind dazu bestimmt, Bedrohungen abzuwehren und Quellen für Energie, Wachstum und Schutz zu erschließen. Affektabstimmung, Affektregulation: in diesen Wortverbindungen bezieht sich der Begriff auf Emotionen, Gefühle und Affekte; der Begriff Affektabstimmung bedeutet dementsprechend die Abstimmung der Emotionen, Gefühle und Affekte; der Begriff Affekt-regulation bezieht sich ebenfalls auf die Regulation der Emotionen, Gefühle und Affekte.

Intelligenz: das Wort Intelligenz hat seine Wurzel im lateinischen Verb „intellegere“ (inter = zwischen; legere = auswählen) und bedeutet „auswählen können zwischen verschiedenen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten“. Dementsprechend bezeichnet das Wort "Intelligenz" in ursprünglicher Bedeutung die verfügbaren Auswahlmöglichkeiten. Die Intelligenz ist hoch bei vielen verfügbaren Auswahlmöglichkeiten und die Intelligenz (IQ) ist niedrig bei wenig verfügbaren Auswahlmöglichkeiten.

Rationale Intelligenz: das Wort Intelligenz wurde zunächst nur auf das Denken, den rationalen Bereich (RQ) bezogen; dort bezeichnet es die verfügbaren unterschiedlichen Möglichkeiten einer Person, unterschiedliche Sachen, Aufgaben, Personen, Situationen, Ereignisse gedanklich zu verstehen, zu analysieren, Entscheidungen zu treffen, Handlungskonzepte zu entwickeln und umzusetzen.

Emotionale Intelligenz: in der jüngeren Forschung wird der Begriff Intelligenz auch auf den emotionalen Bereich (EQ) bezogen; hier bezeichnet er die verfügbaren unterschiedlichen Möglichkeiten einer Person, mit positiven und negativen Emotionen, Gefühlen, Affekten unterschiedliche Personen, Sachen, Aufgaben, Situationen, Ereignisse wahrzunehmen, zu verstehen und zu bewerten. Auf die Emotionen bezogen kennzeichnet der Begriff Intelligenz auch die verfügbaren unterschiedlichen emotionalen Möglichkeiten, das Denken und Handeln zu optimieren.

Soziale Intelligenz: ähnlich wie von der emotionalen Intelligenz kann man auch von sozialer Intelligenz (SQ) sprechen. Der Begriff Intelligenz bezeichnet dann die verfügbaren geistigen und emotionalen Möglichkeiten einer Person, Beziehungen zu Personen, Gruppen, Gemeinschaften zu verstehen (einzuschätzen), zu bewerten und zu gestalten (bei Wahrung der persönlichen Integrität). Eine entwicklungsfördernde Gestaltung der Wechselbeziehung zwischen der Umwelt und dem Organismus, der Person und der Gemeinschaft ist nicht nur von rationalen, sondern im gleichen Maß von den emotionalen und sozialen Auswahlmöglichkeiten abhängig (IQ = RQ+EQ+SQ).

Komplexität: bezeichnet die Vielschichtigkeit des Organismus, der Umwelt und der Wechsel-beziehung zwischen Organismus und Umwelt. Um krisenhafte Phasen in der Wechselbeziehung in stabile zu überführen, ist es wichtig, dass die Reduktion der Komplexität durch Geist und Gehirn integrativ wirkende ordnende Strukturen und Funktionen aktiviert, die sich sowohl auf den Organismus (und seine Teile) und auf die Umwelt (und ihre Segmente) beziehen, als auch die Dynamik in den Wechselbeziehungen zwischen Organismus und seiner Umwelt erfassen und konstruktiv beeinflussen.

Die dynamische Komplexität berücksichtigt bei Einschätzungen und Entscheidungsfindungen nicht nur den Einfluss des Wissens und logischen Denkens, sondern auch die Einflüsse der emotionalen Strukturen und früherer emotionaler Erfahrungen in vergleichbaren Situationen. Von ordnenden Strukturen auf der Basis der dynamischen Komplexität unterscheiden sich ordnende Strukturen auf der, die sich ausschließlich auf einzelne Merkmale (Symptome) bzw. Merkmals-gruppen, auf bestimmte Faktoren und Details, auf die Detailkomplexität beziehen, ohne die Zusammenhänge mit anderen wichtigen Strukturen und Funktionen zu beachten.

Objekt: unter Objekt versteht man in der Psychologie die Kontaktperson, die die eigenen Ver-haltensweisen mit ihrem Verhalten beantwortet, um krisenhafte Phasen in stabile zu überführen. In der Beziehung zu anderen Personen (Objekten) entwickeln sich Grundmuster der Interaktion mit anderen, außerdem die Vorstellungen von der eigenen Person (d. h. Selbst-vorstellungen bzw. Selbstrepräsentanzen) und von den Bezugspersonen (d. h. Objektvorstellungen bzw. Objekt-repräsentanzen).

Organismus die Grundkomponenten menschlicher Entwicklung sind der menschliche Organis-mus (d. h. der Körper im erweiterten Sinn, mit seiner inneren Welt: das Selbst, die Person), die Umwelt (Natur und Kultur), der Geist (im umfassenden, funktionalen Sinn von Seele bzw. Psyche) und das Gehirn als Organ des Geistes.

Psychoanalyse: die Psychoanalyse ist eine auf Sigmund Freud zurückgehende Theorie und ein Behandlungsverfahren, die sich mit den Auswirkungen unbewusster Konflikte auf das Fühlen, Denken und Verhalten auseinandersetzen. Das Behandlungsverfahren versucht (im Kontakt zwischen Klient und Psychoanalytiker), die konfliktverursachenden unbewussten Erfahrungen bewusst zu machen. Durch systematische Intervention wird dann angestrebt, eine Lösung des unbewussten Konfliktes herbeizuführen und neue Fühl-, Denk-, Wert-, Beziehungs-, Handlungs- und Verhaltensmuster in der Auseinandersetzung mit Personen, Gruppen, Sachen, Aufgaben zu entwickeln.

Neuropsychoanalyse: Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts entstand aufgrund der Initiative des Psychoanalytikers Arnold Pfeffer und des Neurowissenschaftlers James Schwarz eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe. Der Erfolg dieser Gruppe führte zur Bildung zahlreicher ähnlicher Gruppen und schließlich zur Gründung der „n-psa International Neuro-Psychoanalysis Society“. Ziel dieser interdisziplinären Zusammenarbeit der Gruppen und der Gesellschaft ist die Diskussion, die Überprüfung und die gemeinsame Weiterentwicklung der Forschungsergebnisse beider Wissenschaftszweige.

Soziotherapie: die Entwicklung und Stabilität einzelner Personen ist abhängig von ihren sozialen Bindungen. Bindungserfahrungen stabilisieren oder destabilisieren die Trieb-, Fühl-, Denk-,
Wert-, Beziehungs-, Handlungs- und Verhaltensmuster. Die Festigung der einzelnen Personen (ggf. durch Psychotherapie) erfordert deshalb auch soziotherapeutische Interventionen. Ziel der soziotherapeutischen Interventionen auf neuropsychoanalytischer Basis ist die Stabilisierung der einzelnen Person durch den Aufbau von emotionalen Beziehungen, die den Gesetzmäßigkeiten des Gehirns entsprechen. Soziotherapie ist dementsprechend ein bio-psycho-sozialer therapeutischer Ansatz, der in der Beratung, Fortbildung, Therapie und Erziehung die Forschungs-ergebnisse der Biologie, besonders der Neurobiologie (der Gehirnforschung), der Psychologie und der Sozialwissenschaften beachtet.